Felix Rathgeber (Snaut), Salomón Zulic de Castro (Kris Kelvin), Sebastian Kunzler (Sartorius), Valda Wilson (Harey) v.l. – Copyright: Martin Kaufhold
von Friedrich Spangemacher
Man kann das Staatstheater Saarbrücken für diese Produktion nur beglückwünschen: für die Kammeroper „Solaris“ des Komponisten Michael Obst, die jetzt in der Alten Feuerwache Premiere hatte. Es ist ein mitreißendes Werk, das die Zuschauer zwei Stunden lang in Atem hält und sie mitnimmt auf eine ungewöhliche Reise, die vom fernen Weltall in die Seelenzustände des einzelnen Individuum führt – und das am Ende mit einer ungeheuern Zentrifugalkraft.
„Solaris“ ist eine Science fiction Story, eine Kammeroper und eine Parabel über das innere Ich, über Schuld und Verstrickung, über die Begegnung mit sich selbst und der eigenen Vergangenheit. Es ist auch die Begegnung mit fiktiven Persönlichkeiten, die in den Köpfen der Menschen entstehen. Die Oper geht auf den gleichnamigen Roman des polnischen Science fiction Autors Stanislav Lem zurück. Solaris ist ein Planet, der ganz von einem Ozean bedeckt ist, der selbst organisch und wie ein Lebewesen zu reagieren schient und neue Bewußtseinszustände schafft. Er schickt neue Figuren, geschaffen aus dem Erinnerugen der Menschen, die sich dem Planeten nähern, sogenannte „Gäste“.
Der Zuschauer sitzt inmitten einer Raumstation auf Drehstühlen,
an den Wänden befinden sich die Spielstätten, ein Kontrollraum, eine Cafeteria, ein Schlafraum, eine Tür als Übergang für die Gäste und eine große Tür nach außen. Hinter dieser Tür steht das musikalische Enseble , dirigiert vom souveränen Christoher Ward. Die Live-gespielte Musik muss sich immer wieder auf die elektronschen Teile einlassen, von denen die Partitur geprägt ist. Es ist Musik aus der Tiefe des Alls, schafft die Atmosphäre von fernen Welten, dringt aber auch und vor allem in die Tiefe der menschlichen Seele. Es gibt Echoklänge, es gibt Sequenzen Wiederholungen, es gibt spiralartige Drehungen, die Musik hat aber auch Aufruf- und Aufbegehrcharakter, sie hat mechanische, aber auch lyrische Momente. Man kann fast von unterschiedlichen Aggregatzuständen des musikalischen Material sprechnen. Die Musik ist omnipräsent, gibt sich aber nicht hin. Andrei Tarkowskijs Film „Solaris“ war der eigentliche Auslöser für diese Oper und sein Auffassung vom künstlerischen hat auch Obst in gewisser Weise übernommen. Tarkowskijy spricht davon, dass der Künstler keinerlei Recht habe, seine ureigenen Interessen offen kundzutun. „Innere Anteilnahme an einer Sache muß unbedingt in olympisch ruhige Formen umgesetzt werden. Nur so kann ein Künstler von den Dingen erzählen, die ihn bewegen.“ (Tarkowskij).
Übberragend die beiden Hauptrollen, Salomón Zulic del Canto als Kris Kelvin, der als Psychologe auf die Forschungsstation nach Solaris kommt, um die Unregelmäßigkeiten zu untersuchen. Sein Changieren zwischen
dem wissenschschaftlichen Jargon und dem Emotionalen als Liebender und Valda Wilson als Harey, Kelivns ehemaliger Geliebter, die sich umgebracht hatte und auf Solaris als „Gast“ wiederkehrt und Kelvin mit seiner Schuld konfroniert wird. Sie brachte das Menschliche in diese oft irreale Atmosphäre der Raumstation. Überzeugend auch der eher nüchterne Snaut, von Felix Rathgeber gespielt. Die Regie hatte Hemann Schneider, der Intendant des Landestheater Linz, an dem diese Produktion ursprünglich entstand. Großes Kompliment für die Bühne von Falko Herold.
Wenn das Stück vorbei ist, scheint man auf sich selbt zurückgeworfen zu sein, die Geschichte von Solaris war nichts anderes als eine Begegnung mit sich selbst, Nicht nur für Psychologen und an Psychologie Interessierten ist diese Oper ein Muss.